Anscheinend nehmen heutzutage immer weniger Väter an den traditionellen Vatertagsritualen teil. Ich habe auf meiner Strecke von Uelzen nach Lüneburg nur einen Bollerwagen mit Bierkiste getroffen und die beiden „Jung-Väter“ sind auch nur um das eigene kleine Dorf gezogen – immerhin wurde ich zur kleinen improvisierten Grillparty eingeladen.
Die Nacht am Sportplatz war lausig kalt. Wo ist nur der Frühling? Ich fuhr von hier nach Uelzen zum „Hundertwasser-Bahnhof“ (www.hundertwasserbahnhof.de). Im Zuge der Weltausstellung Expo 2000 wurde der Bahnhof nach den Plänen des österreichischen Künstlers Friedensreich Hundertwasser umgebaut, dessen Einweihung im November 2000 Hundertwasser allerdings selbst nicht mehr erlebte, da er im Februar 2000 verstarb.
Den als „Umwelt- und Kulturbahnhof“ bezeichneten Bahnhof prägen die typischen Hundertwasser-Stilelemente wie bunte Säulen, Mosaike und verspielte Fliesen. In Uelzen beschloss ich, aus stromtechnischen Gesichtspunkten, bis Lüneburg nicht weiter am Kanal entlang zu fahren, sondern die 38 Kilometer lange Strecke entlang der B4 zu überwinden.
Eine kluge Entscheidung, wie sich später herausstellte, denn ich kam mit nur vier recht kurzen Strom-Tank-Stopps bis Lüneburg. Meinen ersten Stopp legte ich in Tätendorf beim Obsthof Barum ein (www.obstscheune-an-der-b4.de), einem von der Familie Reinhart seit 30 Jahren bewirtschafteten modernen Obsthof mit Selbstvermarktung und Hofcafé. Auf 25 Hektar Obstbaufläche werden Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Himbeeren, Süß- und Sauerkirschen angebaut.
Ich war erstaunt, wie viele Menschen an einem Feiertag-Vormittag sich hier zum Einkaufen, Brunchen und Kaffee-Kränzchen einfinden. Nachdem mir Helmut Reinhart einen Überblick über seinen Hof, die Lagerhaltung und den modernen Obstanbau gegeben hatte, machte ich mich wieder in Richtung Lüneburg auf.
20 Kilometer vor Lüneburg hielt ich bei Susi’s Imbiss auf eine Bratwurst an. Susi hatte ihren direkt an der B4 liegenden kleinen Imbiss speziell auf Vatertag getrimmt und zusätzliche Pavillions, Sitzgarnituren und sogar eine Hängematte aufgestellt – es fehlte nur die hierfür benötigte Menge an Gästen.
Den anwesenden versprengten Imbiss-Besuchern war es egal. Bei Dosenbier und Korn hatten die auch so genügend Spaß. Während der Segway an der Stromleitung hing, lud Susi mich auf eine Bratwurst ‚auf’s Haus‘ ein. Ich war versucht, die Hängematte für mich in Beschlag zu nehmen, wusste aber genau, dass ich wohl vor dem Abend wohl nicht mehr aus ihr aufstehen würde.
Ich beschloss, zügig weiter zu fahren und fuhr nach nur wenigen hundert Metern den einzigen mir begegneten Bollerwagen-Kutschern in die Arme. Die beiden jungen Väter waren hin und weg von meinem Gefährt und luden mich spontan zu einer kleinen improvisierten Grillparty zu sich nach Hause ein. Meine Versorgung war gesichert. Grillfleisch, Bratwurst und Getränke soviel ich wollte.
Gut genährt machte ich mich schließlich auf mein letztes Etappenstück für diesen Tag. Wie schon in Hannover, hatte ich von unterwegs eine Anfrage an Lüneburger CouchSurfer (www.couchsurfing.org) gestellt und auch hier mehrere Zusagen für eine Übernachtungsmöglichkeit erhalten. Bevor ich jedoch Miriam, eine Lehramtsstudentin und meine CouchSurfing Gastgeberin für die anstehende Nacht, aufsuchen konnte, legte ich einen letzten Strom-Tankstopp auf einem im Lüneburger Süden befindlichen Campingplatz ein.
Mein Fortbewegungsmittel und ich sorgten unter den Campern für reichlich Gesprächsstoff. Kurz nach 22 Uhr erreichte ich Miriams Wohnung in der Lüneburger Nordstadt. Nach der vergangenen kalten Nacht war ich froh, wieder einen vernünftigen Schlafplatz zu haben. Wir unterhielten uns noch bis nach Mitternacht, bevor ich todmüde auf der Couch einschlief.
Bis später. Seggy
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